Falls du den Artikel nicht lesen willst, hier ein Video dazu:
Inhalte von Youtube werden aufgrund deiner aktuellen Cookie-Einstellungen nicht angezeigt. Klicke auf “Zustimmen & anzeigen”, um zuzustimmen, dass die erforderlichen Daten an Youtube weitergeleitet werden, und den Inhalt anzusehen. Mehr dazu erfährst du in unserer Datenschutz. Du kannst deine Zustimmung jederzeit widerrufen. Gehe dazu einfach in deine eigenen Cookie-Einstellungen.
In diesem Interview wird ausführlich über alle wissenschaftlichen Indizien, die wir zum Turiner Grabtuch derzeit haben, gesprochen. Sehr empfehlenswert!
Das Grabtuch von Turin - das Grabtuch Jesu?
Was sagt die Wissenschaft?
Das Grabtuch von Turin ist das am besten untersuchte archäologische Objekt der Welt. Heute wissen wir mehr darüber, als jemals zuvor. Bei dem Tuch handelt es sich um ein 4,4 m langes und 1,1 m breites Leinen, das wahrscheinlich einen Leichnam umhüllte, dessen Bild im Foto-Negativ zum Vorschein kommt. Der Körper gehört einem gefolterten Mann, der gegeißelt, mit Dornen gekrönt, gekreuzigt und von einem Speer in der Brust durchbohrt wurde. Viele glauben, dass dies der Körper Jesu ist.
Kann dieses Tuch wirklich das Leinen sein, in das der gekreuzigte Körper von Jesus eingewickelt wurde oder ist es eine clevere Fälschung? Welchen Aufschluss geben wissenschaftliche Untersuchungen?
Wenn jemand tiefer in das Thema eintauchen möchte, dem sei das Buch "The Stroud of Turin" von Giulio Fanti und Pierandrea Malfi (neue Auflage von 2020) empfohlen. Eine PDF-Preview ist hier verlinkt.
Im folgenden Text werden die Ergebnisse der zahlreichen Studien zum Turiner Grabtuch zusammengefasst. Im unten angeführten Literaturverzeichnis sind die einzelnen Studien oder Möglichkeiten, wie man diese erwerben kann, verlinkt.
Der Prozess der Bildentstehung ist nicht erklärbar, dafür wurde menschliches Blut nachgewiesen.
Die Wissenschaftler Heller und Adler untersuchten das Grabtuch im Jahr 1981. Es konnten keine Farbpigmente, keine Flecken und auch keine Textilfärbemittel, welche die Entstehung der Abbildung des verletzten Mannes erklären konnten, gefunden werden. Stattdessen wurden menschliches Blut und seine Komponenten am Grabtuch nachgewiesen, das offensichtlich durch einen natürlichen Prozess am Tuch verteilt ist. Zum Blut am Grabtuch wurde von den Autoren eine eigene Studie durchgeführt. Man weiß beispielsweise, dass das Blut vom Typ AB ist und eine männliche DNA aufweist.
Die abgebildeten Wunden zeigen über 320 Verletzungen durch Peitschenhiebe.
30 Wunden konnten auf Stirn, Schläfe und Hinterkopf gezählt werden. Dies sind Belege für eine harte Geißelung (Heinz & Kutzki, 2020). Interessanterweise gibt es am Grabtuch Hinweise, dass Nägel, welche zur Fixierung am Kreuz dienten, und die Dornenkrone bei der Bestattung am bzw. im Opfer blieben.
Eine Pollenanalyse ergab, das die meisten am Grabtuch befindlichen Pollen von Pflanzen aus der Flora um Jerusalem stammen.
Anhand der Pollen, die am Grabtuch gefunden wurden, konnten 58 Pflanzenarten identifiziert werden (Nickel, 1994). Davon sind 44 Arten typisch für die Pflanzenwelt rund um Jerusalem. Die restlichen würden die vermutete Reiseroute des Tuches nach Europa bestätigen.
Eine neue wissenschaftliche Untersuchungsmethode (Wide-Angle X-ray Scattering) kam zu der Erkenntnis, dass das Grabtuch von Turin aus dem ersten Jahrhundert nach Christus stammt, also aus der Zeit rund um den Tod und die Auferstehung Jesu.
Der italienische Wissenschaftler Liberato De Caro konnte mit seinen Kollegen im Jahr 2022 herausfinden, dass das Material des Grabtuches ungefähr 2000 Jahre alt ist. Dazu verwendeten er und seine Kollegen eine Technik, die Röntgenweitwinkelstreuung (engl.: Wide-Angle X-ray Scattering, WAXS) genannt wird (De Carlo, Sibillano, Lassandro, Giannini & Fanti, 2022). Diese aktuellen Ergebnisse widersprechen den damals medial weit verbreiteten Untersuchungsergebnissen von 1988 durch Radiokarbondatierung, die ein Alter des Tuches von 700 Jahren errechnete (Damon, Donahue, Gore, Hathaway, Juli, Linick & Tite, 1989). Das Grabtuch wurde als mittelalterliche Fälschung eingestuft.
Neben der Datierung von De Caro stimmen andere Datierungsmethoden in der Zuordnung der Tuches zum 1. Jahrhundert n. Chr. überein. Spektroskopische Methoden datieren das Leichentuch auf 300 v. Chr. (v. Chr.) plus minus 400 Jahre und auf 200 v. Chr. plus minus 500 Jahre. Die mechanische multiparametrische Methode datiert das Grabutch auf 400 n. Chr. plus minus 400 Jahre.
Es gibt mehrere Erklärungsversuche, warum diese Datierungen so voneinander abweichen. Einer besagt, dass die Radiokarbondatierung für Stoffe nicht zulässig und zu ungenau sei. Eine andere Theorie meint, dass für die Radiokarbondatierung Stoffproben des Grabtuches verwendet worden seien, die nach einem nachweislichen Brand des Tuches im Mittelalter ergänzt wurden. Somit datiert das Alter natürlich ungefähr auf die Zeit des Brandes.
Aktuelle Forschungsergebnisse stimmen allerdings überein, dass von der zeitlichen Datierung des Leinens nichts gegen die Echtheit spricht.
Forscher rätseln nach wie vor, durch welchen mysteriösen Prozess das Bild entstanden sein könnte.
Weitere Informationen findest du hier:
- in den Büchern "The Stroud of Turin" von Giulio Fanti und Pierandrea Malfi (neue Auflage von 2020) empfohlen (Preview) und "Turiner Grabtuch-Botschaften: Mysterium und Wahrzeichen für unsere Zeit" von Heinz und Kutzki (Preview)
- in der Wanderausstellung zum Turiner Grabtuch - in Linz (28.04. - 14.06.2023), siehe Aktuelles
Literatur
Damon, P. E., Donahue, D. J., Gore, B. H., Hatheway, A. L., Jull, A. T., Linick, T. W., & Tite, M. S. (1989). Radiocarbon dating of the Shroud of Turin. Nature, 337(6208), 611-615.
De Caro, L., Sibillano, T., Lassandro, R., Giannini, C., & Fanti, G. (2022). X-ray Dating of a Turin Shroud’s Linen Sample. Heritage, 5(2), 860-870.
Heinz, G., & Kutzki, P. (2020). Turiner Grabtuch-Botschaften: Mysterium und Wahrzeichen für unsere Zeit. BoD–Books on Demand.
Heller, J. H., & Adler, A. D. (1981). A chemical investigation of the Shroud of Turin. Canadian Society of Forensic Science Journal, 14(3), 81-103.
Heller, J. H., & Adler, A. D. (1980). Blood on the Shroud of Turin. Applied Optics, 19(16), 2742-2744.c
Nickell, J. (1994). Pollens on the ‘shroud’: A study in deception. Skeptical Inquirer, 18(4), 379-85.